Halle an der Saale – Neustadt
Wohnungen errichtet: 33.500 WE
Wohnungen aktuell: 28.044 WE
Bauzeitraum: 1963 - 1990
Fotografiert: 2008, 2014
Die eigentliche (Stadt-)Geschichte begann 1958 mit einer Konferenz des Zentralkomitees der SED zum Thema „Chemieprogramm der DDR“, auf welcher die Ansiedlung von Arbeitskräften in der Nähe der Chemiestandorte Buna bzw. Leuna beschlossen wurde. Am 17. September 1963 begann der Aufbau der „Chemiearbeiterstadt“ - von den Einwohnern meist kurz Neustadt oder „Ha-Neu“ genannt. Der Planungsname lautete anfangs allerdings „Halle-West“, wurde dann aber aus politischen Gründen verworfen.
Das Stadtplanungsgebiet wurde in größerer Entfernung (abseits der Abgasfahnen) von den eigentlichen Chemieanlagen auf einem eher bedenklichen Standort errichtet: Im Auenbereich der Saale. Bis heute muss mittels Eindeichung und durch den Einsatz von Pumpen Grundwasser (und auch eindringendes Hochwasser) abgepumpt werden. Diese Thematik wird auch in dem Buch „Morisco“ (1987) von A. Wellm für eine fiktive neue Stadt sehr detailliert aufgegriffen und dargestellt. Chefarchitekt von Halle-Neustadt war R. Paulick - seine Stellvertreter und Leiter von Entwurfsgruppen waren J. Bach, H. Siegel, K.-H. Schlesier, S. Fliegel und H. Zaglmaier.
Noch vor Fertigstellung des ersten Wohnkomplexes 1968, wurde am 12. Mai 1967 die neue Siedlung vom Stadtteil zur Stadt Halle-Neustadt erklärt und das Gebiet formell aus dem Stadtgebiet von Halle (Saale) herausgelöst.
Im Gegensatz zu späteren Großsiedlungen der DDR wurde Halle-Neustadt jedoch großzügig geplant: Weite Grünanlagen, künstlich angelegte Gewässer und vor allem mit Kunst im öffentlichen Raum. So war und ist die auffällige Platzierung von Skulpturen mehr oder weniger in allen acht Wohnkomplexen Standard.
Im Wohnkomplex I ist der „architektonischer Höhepunkt“ ein 380 Meter langer, 11-geschossiger Wohnblock, der so genannte „Zehner-Block“: Er ist das längste je in der DDR gebaute Wohnhaus. Damit dieser jedoch kein Sperrriegel ergibt, welcher umständlich hätte umgangen werden müssen, war er an drei Stellen mit Durchgängen für Fußgänger versehen worden. In diesem Block wohnten seinerzeit bis zu 2500 Menschen.
Insgesamt wurden 33.500 Wohnungen errichtet, die Einwohnerzahl stieg bis zum Ende der DDR auf 93.900 Einwohner an (2014: 44.000) und somit war Halle-Neustadt letztendlich eines von vielen ergeizigen Projekten aus dem Wohnungsbauprogramm der DDR. Den Bedarf an Wohnraum hat man jedoch zu keiner Zeit (bis 1990) abdecken können. Aber auch die Nahversorgung im Zentrum (zudem auch zahlreiche Stadtteilzentren in jedem Wohnkomplex) und der Anschluss an die Straßenbahn wurde bis 1990 nicht fertiggestellt (hingegen war ein S-Bahnhof vorhanden). Diese infrastrukurellen Maßnahmen erfolgten erst nach der deutschen Wiedervereinigung.
Im Rahmen einer Fachexkursion konnte ich 2014 erneut Fotos in Halle-Neustadt aufnehmen. Bei dieser Exkursion ging es nicht um den Städtebau, sondern um Bodensanierung. Bilder zu diesem speziellen Thema (ich haben Bodenwissenschaften studiert) gibt es hier.